Silikon-Gießharze

Silikon-Gießharze

Abbildung 1: Grundstruktur von Silikonen. R bezeichnet organische Reste.

Der Name Silikone bezeichnet eine spezielle Art von polymeren Verbindungen, deren Netzwerk primär durch Silizium-Sauerstoff-Bindungen aufgebaut wird (Abbildung 1).

Klassische Anwendungen finden sich im Hoch- und Mittelspannungssektor, im medizinischen Bereich, als Gießharze, wenn höhere Temperaturanforderungen gestellt werden und in der Bauindustrie. 

Generell zeichnen sich ausgehärtete Silikone durch sehr hohe Flexibilität und Elastizität, hervorragende elektrische Isolationseigenschaften, sehr gute Witterungs- und UV-Beständigkeit, hohe thermische Beständigkeit, geringe Temperaturabhänigkeit der mechano-elastischen Eigenschaften, hohe Hydrophobie und einen großen Temperatureinsatzbereich aus. Allerdings besitzen sie eine hohe Wasserdampfdurchlässigkeit (um ein Vielfaches höher als bei Polyurethanen und Epoxiden), neigen zum (reversiblen) Quellen in apolaren Lösungsmitteln wie Benzin, haben grundsätzlich eine niedrige Härte und geringere Zähigkeiten.

Für Vergussmassen werden 1K- und 2K-Systeme eingesetzt, die bei Raumtemperatur aushärten, die sogenannten RTV-Silikone (RTV= Room Temperature Vulcanizing). Diese lassen sie sich anhand ihrer Aushärtungsreaktion in additionsvernetzende und kondensationsvernetzende Typen einteilen. Die Exothermie der Aushärtungsreaktionen ist in beiden Fällen gering.

 

1K-Silikone weisen reaktive Endgruppen auf und härten durch Zutritt von Luftfeuchtigkeit in einer Kondensationsreaktion zum Endprodukt aus. Die Anwendung von 1K-Silikonen ist auf geringe Schichtdicken beschränkt, da die Feuchtigkeit nur durch Diffusion transportiert wird. Zusätzlich ist die Aushärtegeschwindigkeit stark von den äußeren Bedingungen (Temperatur und Luftfeuchtigkeit) abhängig.

Das klassische System ist in diesem Zusammenhang ein Acetoxy-RTV-1-K-Silikon. Dieses System enthält als reaktive Endgruppen Acetoxy-Gruppen an den Oligosiloxan-Einheiten (siehe Abbildung 2), die teilweise während des Aushärteprozesses durch Feuchtigkeit (Wasser) hydrolysiert werden zu Hydroxyl-Gruppen (OH) unter Abspaltung von Essigsäure. In einem zweiten Schritt reagieren die Hydroxyl-Gruppen mit weiteren Acetoxy-Gruppen, wobei sich eine Silizium-Sauerstoff-Bindung ausbildet und erneut Essigssäure abgespalten wird, siehe Abbildung 2. Als Folge entsteht das polymere Netzwerk des Endprodukts. Auf Grund der Essigsäure, die während des Härtungsprozesses frei wird, weisen die Produkte einen gewissen essigartigen Geruch auf. Durch geeignete Füllstoffe, wie Calcit (CaCO3), kann die Essigsäure gebunden werden, wodurch der Geruch vermindert wird. Für korrosiv empfindliche Oberflächen oder Elektronikbauteile sind Sie aber ungeeignet. Die für die Härtung zutretende Feuchtigkeit vermag durch die intrinsisch geringe Vernetzungsdichte gut einzudringen. Dies limitiert aber auch die Eignung von 1K-Silikonen für empfindliche elektronische Anwendungen bei denen Feuchte unerwünschte ist.

Weiterhin finden Systeme Einsatz, die eine Alkoxy- bzw. Amino-Gruppe als reaktive Endgruppe aufweisen, wobei ein Alkohol bzw. ein Amin im Verlauf der Reaktion abgespalten werden. Die Verwendung von Oximen als reaktive Gruppe ist aus toxischen Gründen rückläufig.

 

Abbildung 3: Härtungsreaktion von additionsvernetzenden 2K Silikonen mittels Platinkatalyse. Die Vinylgruppen (blau) reagieren mit den Wasserstoff (rot) funktionalisierten Oligosilanen in einer Additionsreaktion unter Ausbildung einer Ethylen-Brücke, wobe

2K-Silikone können durch Kondensations- sowie Additionsreaktion aushärten. Der Aushärtungsmechanismus für 2K additionsvernetzende Silikone ist eine platinkatalysierte Additionsreaktion zwischen funktionalisierten Oligosiloxanen. Diese Systeme sind durch die schrumpfungsfreie Aushärtung ohne Feuchtigkeitszutritt und die nicht vorhandene Bildung korrosiver Spaltprodukte für Elektronikanwendungen bevorzugt. Bei 2K-Systemen, die durch Platin katalysierte Additionsreaktion aushärten, besteht meistens die erste Komponente aus einem Vinyl-funktionalisierten Oligosiloxan und die zweite Komponente aus einem Wasserstoff-funktionellen Oligosiloxan sowie dem Platin-Katalysator. Durch Additionsreaktion der funktionellen Gruppen der beiden Oligosiloxan-Einheiten werden diese während der Härtung mittels Ethylen-Brücke verbunden, so dass ein polymeres Netzwerk entsteht (Abbildung 3). Die Reaktionsgeschwindigkeit lässt sich gezielt durch die Konzentration des Platin-Katalysators und durch Zusatz bestimmter Inhibitoren einstellen. Auf Grund der geringen Konzentration (ppm-Bereich) des Platin-Katalysators muss darauf geachtet werden, dass keine Katalysatorgifte wie Schwermetall, Schwefel oder Stickstoffverbindungen als Verunreinigungen auf dem zu vergießenden Bauteil oder verwendeten Werkzeugen gegenwärtig sind. Katalysatorgifte deaktivieren den Katalysator selbst in kleinsten Mengen und verhindern so eine optimale Aushärtung des Materials. Dies kann auch auch an zu vergießenden Oberflächen auftreten wo das Silikon als Masse ordnungsgemäß aushärtet aber an der Grenzfläche klebrig bleibt da dort ein lokal ein Katalysatorgift vorhanden ist (z.B. Lötstellen).

Im Fall von kondensationsvernetzenden 2K Silikonen wird einer Komponente gezielt eine definierte Menge Wasser zugesetzt, die für den Ablauf der Reaktion unerlässlich ist. Nach guter Durchmischung härtet die Vergussmasse nach demselben Reaktionsschema wie 1K-Systeme aus. Der Vorteil der 2K-Variante besteht darin, dass höhere Schichtdicken realisierbar sind und die Aushärtegeschwindigkeit weniger von den äußeren Bedingungen abhängt Allerdings treten hier ähnliche Probleme im Hinblick auf Spaltprodukte und Korrosionsprobleme auf.